ExpertInnen beleuchten Behandlungsfortschritte bei Phantomschmerzen
Einblicke vom Online-Symposium der oberen Extremitäten

Donnerstag, 22. Mai 2025
Am Dienstag, dem 6. Mai 2025 diskutierten führende FachexpertInnen aus dem Bereich der Prothetik der oberen Extremitäten zum Thema „Advancements in Phantom Limb Sensation and Pain Management“.
Moderiert von Dipl.-Ing. Merkur Alimusaj (Leiter der Technischen Orthopädie, Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegie der Universitätsklinikum Heidelberg, Deutschland), befasste sich das Online-Symposium mit der Rolle von Phantom-Gliedmaßen in der oberen Extremität. Unter anderem beleuchtete die Veranstaltung das komplexe Thema des sogenannten Phantomglieds – ein Phänomen, das häufig Menschen mit Gliedmaßenverlust erleben. Präsentiert wurde C.A.L.A. – ein innovatives Visualisierungs- und Dokumentationstool für Phantomempfindungen und neuropathische Schmerzen – sowie die neuesten prothetischen Technologien, wie die myosmart-Steuerung.
Patientenzentriert zusammenarbeiten bei Phantom- und Stumpfschmerzen
Weltweit leben schätzungsweise 57,7 Mio. Menschen mit Gliedmaßverlust, wobei etwa 95% der Betroffenen in irgendeiner Form unter Schmerzen leiden. Phantomschmerzen (PLP – Phantom Limb Pain) und Stumpfschmerzen (RLP – Residual Limb Pain) entstehen häufig durch verletzte oder durchtrennte periphere Nerven und treten insbesondere bei Amputationen der oberen Extremität auf.
In seinem Vortrag „Overview Phantom Limb“ teilte Jamie Vandersea (Orthopädietechniker, Leiter Upper Extremity Prosthetics, Medical Center Orthotics and Prosthetics in Silver Spring, MD, USA) die neuesten Erkenntnisse über verschiedene Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten für PLP als auch RLP. Dabei beleuchtete er die Bedeutung eines patientenzentrierten Ansatzes und die Integration modernster Prothesentechnologie in die klinische Praxis. Zu den gängigsten Ansätzen zählen Ergotherapie, Physiotherapie, prothetische Maßnahmen, pharmakologische und chirurgische Verfahren als auch therapeutische Interventionen. Eine besondere Rolle bei der Behandlung von RLP und PLP spiele laut Vandersea die interdisziplinäre Zusammenarbeit.
C.A.L.A.: einzigartiges Projekt zur Visualisierung von Phantomschmerzen und -empfindungen
Cosima Prahm, PhD MSc BA (Leitung Zentrum für Klinische Forschung, Klinik für Hand-, Replantations- und Mikrochirurgie, BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin, Deutschland) gab einen Überblick über das digitale Tool C.A.L.A. (Computer Assisted Limb Assessment). Entwickelt von der Arbeitsgruppe PlayBionic unterstützt es bei der Dokumentation und Visualisierung von Phantomschmerzen und -empfindungen von Menschen mit Amputationen. C.A.L.A. ermöglicht es ihnen, mithilfe eines 3D-Avatars verschiedene sensorische Phänomene und Schmerzformen – wie Brennen, Stechen oder Kribbeln – zu lokalisieren und einzutragen. Weiter können die PatientInnen Schmerz- und Krampfbereiche und die Intensität einzeichnen als auch die Form und Position ihres Phantomglieds am Avatar modellieren.
C.A.L.A. ist darauf ausgelegt, eine standardisierte klinische Dokumentation, sowohl im therapeutischen als auch im wissenschaftlichen Kontext, zu unterstützen. Alle Werte können automatisch quantifiziert und in der Patientenakte gespeichert werden. Die visuelle Darstellung der Symptomverläufe biete insbesondere einen großen Mehrwert bei Prothesenanpassungen, Rehabilitationssitzungen oder interdisziplinären Konsultationen, so Dr. Prahm.
Das Tool steht kostenlos zur Verfügung für die wissenschaftliche Zusammenarbeit. Eine Online-Demoversion ist zugänglich unter: https://playbionic.org/cala-online.
Erfahrungsbericht von erster Testversorgung mit myosmart
Hans-Magnus Holzfuss (Orthopädietechnicker, Geschäftsführender Gesellschafter, Gesundheitszentrum Greifswald GmbH, Deutschland) berichtete über seine erste Testversorgung mit dem neuen myosmart-Steuerungssystem von Ottobock für einen Patienten mit Oberarmamputation. Nach einem Schwimmunfall 2020 benötigte er eine transhumerale Amputation, worauf 2021 eine TMR-Operation (Targeted Muscle Reinnervation) folgte mit einer Osseointegration eines OPRA™-Implantat-Systems.
Im Januar 2025 hatte der Patient die Möglichkeit, das myosmart-Steuerungssystem erstmals zu testen. Ein separater Schaft wurde konstruiert, um die Anpassung so funktional wie möglich zu gestalten. Mithilfe von vier Elektroden und einer kurzen Einführung in das neue myosmart-System konnte der Patient myoelektrische Signale darstellen und mit der connectgrip-App aufzeichnen. „Mein Patient konnte mit der Testprothese eine deutlich bessere, sicherere und gezieltere Steuerung erreichen“, sagte Hans-Magnus.
Zusammenfassung
Das Online-Symposium bot einen umfassenden Überblick über Phantomschmerzen und deren enorme Auswirkungen auf die Betroffenen. Die Einblicke in C.A.L.A. gaben einen realen Ausblick in die Zukunft, in dem PatientInnen selbstständig Feedback geben sowie mehr über Schmerz und Schmerzempfindungen lernen können. Im Erfahrungsbericht zur Testanpassung mit der myosmart erklärte Merkur Alimusaj, wie faszinierend es ist zu sehen, wie das neue Steuerungssystem PatientInnen hilft, eine bessere funktionale Kontrolle über ihre Prothesen zu erlangen, während es schnelleres und zuverlässigeres Feedback ermöglicht.
Insgesamt vertiefte die Veranstaltung sowohl das Verständnis von Phantomgliedmaßen und deren Auswirkungen auf das Leben der PatientInnen, als auch die technischen Verbesserungen in der Prothesensteuerung und deren Bedeutung. Die Ergebnisse bieten Hoffnung für Betroffene, die mit Phantomschmerzen kämpfen und stärken die Notwendigkeit für fortlaufende Forschung, um Behandlungen zu verfeinern und ihre langfristigen Vorteile vollständig zu erschließen.
Um die Aufzeichnung des Symposiums anzusehen, registrieren Sie sich bitte über diesen Link: Advancements in Phantom Limb Sensation and Pain Management. Nach erfolgreicher Registrierung erhalten Sie in der Bestätigungs-E-Mail den Link zur Aufzeichnung (verfügbar bis 22. August 2025).