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Hightech-Anzug statt Hilflosigkeit: Wie Ricky sich nicht von seiner MS bremsen lässt

Vom Krankenpfleger zum Mutmacher im Rollstuhl: Ein Leben zwischen Helfen und Hilfe annehmen

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Donnerstag, 7. August 2025

  • Richard Baerg (37), kurz Ricky, examinierter Krankenpfleger und dreifacher Familienvater aus der Nähe von Lörrach (Baden-Württemberg), ist seit 13 Jahren an Multiple Sklerose erkrankt.

  • Nach seiner Diagnose 2012 beginnt für ihn ein langer Weg: die Krankheit akzeptieren, im Alltag und im Job transparent damit umgehen, sich die eigenen Grenzen eingestehen und um Hilfe bitten. Was er über die Jahre lernt – Offenheit zahlt sich aus.

  • Zugleich bewahrt sich Ricky trotz der Erkrankung einen inspirierenden Lebensmut und den Willen anzupacken. Heute lebt er mit seiner Familie auf einem Hof, den er mit drei anderen Familien ausbaut. Er arbeitet als Sozialberater in einem Krankenhaus und träumt davon, ein barrierefreies Urlaubsziel für andere Betroffene zu schaffen.

  • Mehr Mobilität und Lebensqualität ermöglichen ihm innovative Medizinprodukte: Neben Rollstuhl und Handbike ist der weltweit einzigartige Hightech-Anzug exopulse suit stets an seiner Seite und reduziert gezielt Spastiken und Schmerzen.

  • Eine neue Studie belegt die Wirksamkeit des Hilfsmittels bei MS. Die zweite Generation ist seit Juli 2025 auf dem Markt und ermöglicht eine einfachere Handhabung und präzisiere Stimulation.

  • Auf Instagram gibt Ricky Einblicke in seinen Alltag: @my_story_cant_stop_me

Richard Baerg (37) lebt in der Nähe von Lörrach. Sein Beruf als Krankenpfleger ist es, Menschen zu helfen. Bis er selbst erkrankt und lernen muss, um Hilfe zu bitten. 2012 bekommt der damals 25-Jährige nach einer Sehnerv-Entzündung überraschend die Diagnose Multiple Sklerose. Mehr als 120.000 Menschen in Deutschland sind von MS betroffen. Sie zählt zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen, die im jungen Erwachsenenalter zu bleibender Behinderung führen. Denn heilbar ist MS bisher nicht. Durch geschädigte Nervenzellen im Gehirn, im Rückenmark oder Sehnerven kommt es zu Mobilitätsproblemen wie Muskelschwäche, Schmerzen oder Spastiken. Herkömmliche medikamentöse Therapien setzen hauptsächlich darauf, die Schubfrequenz zu reduzieren. Und viele der Symptome lassen sich im Laufe der Zeit wirksam behandeln.

Als Ricky seine Diagnose erhält, hat er gerade seine zweite Ausbildung abgeschlossen, möchte endlich in seinem Traumjob als Krankenpfleger durchstarten und überlegt sogar, gemeinsam mit seiner Frau Meike nach Kanada auszuwandern. Durch eine Kortisontherapie bessert sich sein Augenlicht wieder und je schärfer seine Sicht wird, desto mehr schiebt er die Krankheit mit den tausend Gesichtern in den Hintergrund: „Irgendwie stand diese Diagnose im Raum, aber mir ging es ja gut. Ich war immer recht sportlich, bin viel Fahrrad gefahren, habe Volleyball und Basketball gespielt. Das konnte ich alles und deswegen habe ich mich nicht unbedingt um die Erkrankung bemüht. Ich war 25. Ich wollte einfach mein Leben leben“, erinnert sich Ricky an die Anfangsphase zurück.

„Ich dachte, ich hätte nicht das Recht, mich zu beschweren“

Statt Kanada wird es der Chiemsee: Ricky und Meike lassen sich in einem kleinen Häuschen in Oberbayern nieder. 2015, drei Jahre nach der Diagnose, wird Ricky das erste Mal Vater einer kleinen Tochter. Für den Sportfan erfüllt sich damit einer seiner Lebensträume. Gleichzeitig merkt er, wie sich seine Leistungsfähigkeit schleichend verschlechtert. Immer häufiger bekommt er beim Fahrradfahren Muskelkrämpfe in den Beinen, die er aushält und ignoriert, um dann weiterzufahren. Bis sich die Erkrankung nicht mehr ignorieren lässt. Eines Nachts bekommt er Fieber und kann nicht mehr laufen. Sein Neurologe verordnet ihm eine Spritzentherapie gegen eine schubförmige MS. Sie stellt den jungen Familienvater soweit wieder her, dass er ein Jahr später mit seiner Familie während der Elternzeit für einen Monat durch Nordamerika reist. Trotzdem ist Ricky froh, wenn er den Kinderwagen schieben kann und damit eine Stütze beim Gehen hat. Im folgenden Jahr kommt sein zweites Kind zur Welt. Zu der Zeit nutzt Ricky Nordic Walking Stöcke als Hilfsmittel für die Balance.

Die nächsten Monate geht es schneller als gedacht bergab. Das zwingt den Krankenpfleger auch dazu, auf seiner Arbeit offen mit seiner Erkrankung umzugehen: „Ich habe mich in der Praxis geoutet, dass ich MS habe. Vor dem Schritt hatte ich Angst, weil ich nicht wusste, welche Konsequenzen ich zu erwarten hatte. Ich empfand das vor allem als Schwäche”, berichtet der heute 37-Jährige, „Aber ich habe mega viel Zuspruch bekommen, sowohl von meinen Chefs als auch von den Kollegen, und gemerkt, dass man durch Offenheit auch Offenheit zurückbekommt.“

Ricky arbeitet zu der Zeit in einer Anästhesie-Klinik in Mühldorf am Inn und pflegt zusätzlich in der außerklinischen Intensivpflege einen ALS-erkrankten Mann. Es sind Tätigkeiten, die ihn mit Sinn erfüllen und extrem wichtig sind. Er hat sich das Ziel gesetzt, mehr Verantwortung zu übernehmen. Gleichzeitig hat er durch sein Arbeitsumfeld den Eindruck, dass es ihm nach wie vor verhältnismäßig gut geht und er nicht das Recht hätte, sich zu beschweren: „Ich habe täglich gesehen, dass es viele Menschen gibt, denen es schlechter ging als mir. So betrachtet ging es mir gut.“ Seine eigenen Grenzen zu erkennen und zu akzeptieren, muss Ricky erst noch lernen. In Rücksprache mit seinem Neurologen probiert Ricky Ende 2018 eine weitere Therapieform aus. Doch die Behandlungen können das Fortschreiten der MS nicht aufhalten.

Wenn der Körper zum Umdenken zwingt

Trotz der Unterstützung im Job, stößt Ricky immer öfter an seine körperlichen Grenzen. 2020 markiert für ihn einen Wendepunkt: Sein Neurologe hat ihn heimlich beobachtet und verordnet ihm einen Rollstuhl, ob er will oder nicht. Dem inzwischen dreifachen Vater wird bewusst, dass er nicht mehr so weiter machen kann. Er wird der Verantwortung und seinen eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht: „Ich habe gemerkt, dass ich meinem Körper mehr Aufmerksamkeit schenken muss und dass ich nicht mehr ohne Konsequenzen meine Grenzen drücken kann. Das ist mir sehr schwergefallen.”

Ricky schafft es, sich selbst und seine Familie zu priorisieren: Er wechselt den Arbeitgeber und arbeitet fortan im Elektrobetrieb einer ehemaligen Klassenkameradin, die ihm einen Job für die Büroorganisation angeboten hatte: „Ich musste nicht mehr die Verantwortung für alle Patienten tragen, das hat mich entspannt. Ich konnte mehr auf mich achten“, erzählt er über den Schritt.

Noch im gleichen Jahr geht der Sportfan das erste Mal in eine Reha und merkt, wie gut ihm das tut. Auch sein Glaubenssatz „Hinter jedem Rückschlag steckt auch etwas Gutes“ verfestigt sich mehr und mehr. Denn er macht bei einer Wunsch-Erfüller-Aktion in einer lokalen Zeitung mit und teilt gemeinsam mit seiner Frau Meike seine Geschichte. Rickys Wunsch: Ein Handbike, ein Zuggerät für den Rollstuhl, um sich besser und schneller im Alltag bewegen zu können. Die Kosten liegen bei rund 10.000 Euro. Innerhalb weniger Tage kommt die Summe zusammen: Ein privater Getränkemarkt, die Kirchengemeinde, lokale Vereine, ein alter Herr aus der Umgebung – alle beteiligen sich. Die positive Resonanz kann der Familienvater bis heute nicht ganz erfassen: „Ich habe total viel Hilfe und Unterstützung bekommen und bin ganz, ganz dankbar dafür. Durch das Handbike kann ich wieder mit meiner Frau Fahrradfahren und meine Kinder in den Kindergarten oder zum Turnen bringen.“

Weniger Nebenwirkungen als Medikamente: Ein Hilfsmittel bringt Hoffnung

Durch diese Erfahrung wird Ricky auf ein weiteres Hilfsmittel aufmerksam, das ihm sein Leben leichter macht: Der Neuromodulations-Anzug Exopulse Mollii Suit. Ein Freund ermutigt ihn dazu, auf Instagram aktiv zu werden. Fortan gibt Ricky Einblicke in seinen Alltag mit MS, zeigt wie Meike und er in ihrer Beziehung und im Familienleben mit seiner Erkrankung umgehen und gibt anderen Betroffenen Tipps. 2021 schreibt ihn ein Follower an, ob er schon von dem Anzug gehört habe und schickt Anwendervideos. „Ich war natürlich begeistert und habe sofort einen Testtermin vereinbart“, erzählt Ricky. Ende 2021 ist es so weit: Ricky kann den Anzug in einem Sanitätshaus selbst ausprobieren. „Ich war sehr aufgeregt vorher. Als Erkrankter klammert man sich an alles, was einem ein bisschen Hoffnung gibt, und der Anzug hat sofort Wirkung gezeigt. Direkt nach dem ersten einstündigen Test im Sanitätshaus konnte ich meine Beine besser spüren, die Bewegungen fielen mir leichter.“

Die weltweit einzigartige Innovation eines schwedischen Chiropraktikers stimuliert mit integrierten Elektroden von Spastiken betroffene Muskeln. Durch gezielte elektrische Impulse werden spastische Muskeln entspannt und Schmerzen gelindert. Mit positivem Resultat, wie auch erste klinische Studien bestätigen: Die Mobilität, der Bewegungsumfang und das Gleichgewicht werden so verbessert und Schmerzen reduziert. Der Neuromodulations-Anzug hilft Menschen mit neurologischen Bewegungsstörungen wie bei Zerebralparese, nach einem Schlaganfall oder – in Rickys Fall – bei Multiple Sklerose. Auch bei Menschen mit Fibromyalgie, einer chronischen Schmerzerkrankung, lindert der Anzug Symptome wie beispielsweise die auftretenden Schmerzen.

Für Ricky ist klar, dass er den Anzug braucht. Doch seine Krankenkasse lehnt den Antrag auf eine Versorgung zunächst ab. Über einen Monat dokumentiert er seine Therapieerfolge mit dem Testanzug, nimmt Videos auf, führt Tagebuch, zählt seine Schritte. Mit Erfolg: Seit 2023 trägt er alle zwei Tage für 60 Minuten den Exopulse Mollii Suit, meistens bei moderater Bewegung oder zur Physiotherapie. Ein großer Pluspunkt an dem Hilfsmittel ist für Ricky, dass der Anzug nicht-medikamentös und nicht-invasiv wirkt: „Alle Medikamente haben auch eine Nebenwirkung, sie wirken systemisch auf den ganzen Körper. Die Medikamente gegen meine Spastiken haben dazu geführt, dass ich generell zu wenig Muskelspannung im Körper hatte. Da wollte ich lieber gar nichts nehmen und die Spastik aushalten. Das ist mit dem Anzug viel besser: Er lindert meine Spastiken ganz gezielt in meinen Beinen, ohne dass ich am Ende Nebenwirkungen habe. Die Spastiken sind nicht komplett weg, aber deutlich gemildert und ich habe noch die Kraft zu stehen.”

Anfang des Jahres testete der ausgebildete Krankenpfleger bereits die neue Generation des Anzugs, den exopulse suit. Ricky bemerkt damit unter anderem Verbesserungen hinsichtlich seiner Blase und Dranginkontinenz, eine häufige Begleiterscheinung bei neurologischen Erkrankungen.

„Der neue exopulse suit ist vor allem alltagstauglicher, komfortabler und effektiver als das Vorgängermodell. Damit geben wir den Anwendern eine echte Chance auf mehr Lebensqualität. Erstens ermöglicht das neue Elektrodenkonzept eine noch präzisere Stimulation, zweitens ist der Anzug mit dem neuen Design leichter in der Handhabung. Das sind Veränderungen, die im Alltag wirklich einen Unterschied machen. Das bestätigt auch das Feedback der Anwender“, sagt Jan Salzmann, Marktmanager NeuroMobility von Ottobock über das neue Modell.

Ein Jugendtraum wird Realität: Mit Freunden aufs Land und in ein neues Leben

2022 nimmt Rickys Leben erneut eine unvorhergesehene Wendung: Zwei Freunde aus Schulzeiten melden sich beim ihm mit einem ungewöhnlichen Vorschlag. Als Schüler hatten die drei geträumt, alle zusammen zu wohnen – was wäre, wenn sie den Traum Wirklichkeit werden lassen? Ein geeignetes Grundstück ist bereits gefunden, ein alter Bauernhof in der Nähe von Lörrach in Baden-Württemberg.

Trotz anfänglicher Bedenken setzt sich die Idee in den Köpfen von Ricky und seiner Frau fest. Die fünfköpfige Familie zieht vom Südosten in den Südwesten von Deutschland auf einen neun Hektar großen Bauernhof. Dort bauen alle gemeinsam eine große Scheune aus, sodass jeder eine eigene Wohnung und einen eigenen Rückzugsort hat. Heute machen 13 Erwachsene und 18 Kinder bei dem Wohnprojekt mit.

Das Alltagsleben ist sowohl gemeinschaftlich als auch unabhängig: Die Kinderbetreuung am Nachmittag und Abend oder große und kleine Erledigungen können auf verschiedene Schultern verteilt werden. Einmal in der Woche gibt es ein gemeinsames Abendessen, regelmäßig stehen Bautage an. Ricky arbeitet jetzt als Berater beim Sozialen Dienst im Krankenhaus in Lörrach. Hier kann er im Rollstuhl sitzen und verbindet sein kaufmännisches Wissen mit seiner Leidenschaft für Medizin und Pflege. Seine Passion für Sport lebt er beim Rollstuhlbasketballtraining und beim inklusiven Tischtennis aus. Zwei Mal die Woche geht Ricky zur Physiotherapie, und alle zwei Tage nutzt er seinen Neuromodulations-Anzug für eine Stunde: „Ich habe ein Stück Lebensqualität zurückgewonnen. Durch die Stimulation bewege ich mich freier und meine Balance hat sich verbessert. Der Anzug hilft mir, aktiv zu bleiben. Das ist im Alltag mit drei Kindern und für ein selbstbestimmtes Leben das Wichtigste.“

Ein Urlaubsort für alle: Wie Ricky Inklusion auf seinem Hof weiterdenkt

Ricky wäre nicht Ricky, wenn er sich in der Wohnprojekt-Idylle ausruhen würde. In Zukunft möchte er auf dem Hof ein barrierefreies Urlaubsdomizil schaffen, das an die Bedürfnisse von anderen Betroffenen und Menschen mit Behinderung angepasst ist. Das heißt für den 37-Jährigen auch: Sportgeräte, die man ausprobieren kann. Aus Erfahrung weiß er, wie begrenzt das bisherige Angebot für barrierefreien und behindertengerechten Familienurlaub ist.

Anderen MS-Betroffenen rät er, sich nicht von der Krankheit beherrschen zu lassen – auch wenn es schwer erscheint: „Wir müssen rausgehen, am Leben teilnehmen und aktiv bleiben“, findet er. „Ich habe mich in den 13 Jahren seit meiner Diagnose selbst besser kennengelernt und gelernt zu kommunizieren. Das ging nur mit Offenheit.“ Für Ricky steckthinter jedem Rückschlag auch etwas Gutes. Durch den Mut, offen mit seiner Erkrankung umzugehen, hat er vor allem Hilfsbereitschaft zurückbekommen und sich trotz oder gerade deswegen weiterentwickelt. Heute gibt er der MS in seinem Leben Raum – aber er lässt es nicht durch sie bestimmen.

Überblick: exopulse suit von Ottobock

  • Anwenderfreundlicher Neuromodulations-Anzug, bestehend aus Jacke und Hose sowie zwei kleinen, smarten Steuereinheiten  

  • Hilft Menschen mit Multiple Sklerose, Zerebralparese, nach einem Schlaganfall und anderen neurologischen Erkrankungen sowie mit Fibromyalgie

  • Gezielt einsetzbar: 50 Elektroden stimulieren individuell betroffene Muskelgruppen - bis zu 122 Muskeln bzw. die 42 wichtigsten Muskelfunktionen

  • Entspannt angespannte bzw. spastische Muskeln und reduziert Schmerzen, verbessert Mobilität und Gleichgewicht sowie alltägliche Bewegungen wie Gehen und Greifen 

  • Schonend: nicht-invasiv und nicht-medikamentös, dadurch ein deutlich geringeres Risiko für Nebenwirkungen

  • Anwendungsempfehlung: jeden zweiten Tag für 60 Minuten (sofern nicht anders verordnet)

  • In 37 Größen erhältlich; für Kinder ab zwei Jahren bis hin zu 5XL für Männer und Frauen

  • Test und Beratung bei zertifizierten Sanitätshäusern

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