News

21 Kinder aus Gaza in der Türkei versorgt

Interview zum gemeinsamen Hilfsprojekt von Ottobock und der Ottobock Global Foundation

Bild 21 Kinder aus Gaza in der Türkei versorgt
Die jungen PatientInnen aus Gaza wurden im Ottobock Patient Care Betrieb in Ankara mit Prothesen versorgt.

Donnerstag, 12. September 2024

Nach wie vor stehen Ottobock und die Ottobock Global Foundation vor der Herausforderung, möglichst viele versehrte Kinder aus Gaza in sicherer Umgebung mit medizintechnischen Hilfsmitteln zu versorgen. Nachdem erste Kinder im benachbarten Ägypten durch den Partnerbetrieb Orthomedics versorgt werden konnten, ist es jetzt gelungen, 21 Kinder im Ottobock Patient Care Betrieb in Ankara mit Prothesen zu versorgen. Ein Filmteam hat das Projekt begleitet.

Hier gelangen Sie zu dem Video.

Über die Hintergründe berichten Managing Director Orkun Taskin, Technical Manager Sabri Sahin und Senior Technical Implementation Manager Ömer Deveci im Interview:

Wer hat die Hilfsaktion angestoßen?

Orkun Taskin: Nach dem Spendenaufruf durch die Ottobock Global Foundation haben wir als Ottobock Türkei das Projekt aufgegriffen und 21 Kinder aus Gaza identifiziert. Im nächsten Schritt haben wir eine Anamnese vorgenommen, um anhand der Ergebnisse einen Versorgungsplan aufzustellen.

Welche Stakeholder sind das Projekt involviert?

Sabri Sahin: Zunächst haben wir eine Genehmigung durch das türkische Gesundheitsministerium eingeholt, das sich federführend für die Überführung der kleinen Patientinnen und Patienten eingesetzt hat. Unverzichtbar ist die finanzielle Unterstützung durch die Ottobock Global Foundation sowie das großartige Engagement unserer türkischen Kolleginnen und Kollegen.

Orkun Taskin: Um die Versorgungen umzusetzen, arbeiten wir eng mit dem Bilkent City Hospital in Ankara zusammen. Prof. Dr. Emre Adigüzel ist als Leiter der Abteilung für Physiotherapie und Rehabilitation unser erster Ansprechpartner. Nur mit vereinten Kräften konnten wir den Kindern aus Gaza neue Hoffnung schenken. Vielen Dank an alle Beteiligten!

Was war die größte Herausforderung bei den Versorgungen?

Sabri Sahin: Die überwältigenden Emotionen. Es ist mehr als einfach nur ein Hilfsprojekt. Diese Erfahrung nimmt einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen ein. Wir waren bereits in frühere Hilfsprojekte involviert, aber die Situation in Palästina ist anders: Wir konnten die Spuren des Krieges aus den Gesichtern der Kinder ablesen, ihre Wut, ihre fragenden Blicke… Einige von ihnen schienen ihr Leben in Frage zu stellen. Mit den Prothesen konnten wir sie wieder zum Lächeln bringen. Dieses Gefühl war ansteckend, einfach unbeschreiblich.

Ömer Deveci: Das Projekt hat mich zutiefst berührt. Meine ersten Gedanken waren bei den Kindern und dem, was sie erlebt haben. Völlig unschuldig und hilflos haben sie im Krieg alles verloren. Es ist so surreal: Während wir in einem friedlichen Land unseren Alltag leben, werden wir plötzlich Zeugen eines so großen Unrechts. Es ist mir eine Herzensangelegenheit den Kindern zu helfen.

Neben der emotionalen Herausforderung standen wir zugleich vor einer Sprachbarriere, die wir durch Körpersprache und professionelle Übersetzer bewältigen konnten.

Welche Erwartungen knüpfen Sie an die Versorgungen?

Orkun Taskin: Wir können das Erlebte nicht ungeschehen machen, aber wir können den betroffenen Kindern und ihren Familien das Leben ein wenig erleichtern. Mit den Versorgungen ist uns ein erster wichtiger Schritt gelungen auf ihrem Weg zu einem mobileren Leben.

Sabri Sahin: Sie sollen ihr Leben zurückgewinnen! Von einem auf den anderen Moment ist ihre Welt zusammengebrochen. Wir wollen für unsere jungen Patientinnen und Patienten in dieser ungewissen Situation eine Konstante sein, stehen aber gleichzeitig vor vielen Fragen. Während ihres Wachstums müssen die Prothesen alle sechs Monate kontrolliert und angepasst werden. Aber: Werden sie dann noch hier sein? Wird sich die politische Lage in Palästina beruhigen? Und selbst wenn es so sein sollte, werden in ihrer Heimat aufgrund der zerstörten Infrastruktur überhaupt Folgeversorgungen möglich sein?

Ömer Deveci: Viele der Kinder waren vor ihrer Amputation sehr aktiv- sie haben Fußball gespielt und waren ständig in Bewegung. Diesen Ball würde ich gern aufnehmen, um ihnen wieder gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Denkbar wären Patenschaften zur Bildungsförderung oder Orientierungshilfen für spezielle Berufszweige.

Was war ihr unvergesslichster Moment mit den Kindern?

Sabri Sahin: Während der Versorgungen haben die Kinder diesen Satz gesagt: „Wir haben den Krieg vergessen!“ Alles, was hinter ihnen lag wurde in diesem Moment ganz klein. Sie wollten nicht mehr an die schrecklichen Ereignisse erinnert werden. Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.

Und dann gab es noch eine für mich unvergessliche Reaktion eines Kindes auf ein Geschenk von uns. Die meisten Kinder hätten es sofort geöffnet. Aber dieses Mädchen verlor sich in ihren Gedanken und wollte es nicht öffnen. Den Grund dafür trägt sie bis heute als Geheimnis mit sich.

Ömer Deveci: Es hat mich sehr tief berührt, dass die Kinder fest darauf bestanden, ihre Prothesen mitnehmen zu dürfen. Sie hatten Angst, dass man sie ihnen wieder wegnehmen könnte. Unvergessen bleibt für mich auch die Antwort der Kinder auf unsere Frage nach einem Interview: „Die ganze Welt kennt die Grausamkeit, der wir ausgesetzt waren. Was gibt es dazu noch zu sagen?“

Sabri Sahin ergänzt: Würden wir behaupten, dass wir ihre Gefühle verstehen könnten, würden wir lügen.

Gibt es bereits Reaktionen auf Ihre Hilfsaktion?

Sabri Sahin: Im Augenblick ist es noch zu früh für ein Resümee. Das Wichtigste ist aber, dass wir das Leben der Kinder positiv berührt haben.

Ömer Deveci: Jeder von uns hat das dazu beigesteuert, was sich richtig anfühlte. Wenn man mit dem Herzen dabei ist, braucht es keine Bestätigung.


Wenn Sie unsere Hilfsaktion „Menschen in Not – Hilfe für die Kinder von Gaza“ unterstützen möchten, zahlen Sie Ihre Spende bitte auf das genannte Sonderkonto ein.  

Ottobock Global Foundation
Deutsche Bank
IBAN: DE55 1007 0000 0937 0370 00
BIC: DEUTDEBBXXX
Stichwort: “Menschen in Not – Hilfe für die Kinder von Gaza”


Auf dieser Seite informieren wir regelmäßig über die aktuelle Entwicklung der Hilfsaktion der Ottobock Global Foundation Menschen in Not – Hilfe für die Kinder von Gaza. Verfolgen Sie auch unsere Social Media Aktivitäten auf FacebookLinkedIn und Twitter. Wir freuen uns über ein Like!